Das kümmerliche Dasein der HVB-Sachwerte-Tochter Wealthcap (2024)

Es klang nach einem hübschen Deal. Die Unicredit, so vermeldete Bloomberg Anfang vergangenen Jahres, stehe kurz vor dem Verkauf von Wealthcap – das ist die in Münchenansässige Sachwerte-Tochter der zu Unicredit gehörenden deutschen Hypo-Vereinsbank (HVB). Abnehmer sei ein „deutscher Finanzkonzern“, der mutmaßliche Verkaufserlös liege bei 150 Mio. Euro.

Alles sehr plausibel, dachte man damals. Zumal die Unicredit kurz zuvor ihr neues Strategieprogramm verabschiedet hatte, das neben einer höheren Rentabilität auch eine stärkere Fokussierung propagierte. Und insbesondere im deutschen Markt legendie Italiener den Fokus schon lange aufs Wesentliche (siehe in unserem Archiv unter anderem –>Wie (und warum) die HVB ihre Leasing-Tochter sterben lässt sowie sowie –> HVB vermittelt Gewerbekunden künftig an DZ-Tochter VR Smart Finanz).

Die Sache allerdings ist: Der Verkauf von Wealthcap, scheinbar nur noch Formsache, ist anderthalb Jahre nach dem Bloomberg-Meldung noch immer nicht vollzogen. Und das, obwohl Wealthcap (streng formal übrigens eine „Kapitalverwaltungs-Gesellschaft“) sogar schon seit 2020 zum Verkauf steht. Im damaligen Geschäftsbericht der HVB, das zeigen Recherchen von Finanz-Szene, wurde die Tochter nämlich erstmals in der Rubrik „Zur Veräußerung gehaltene langfristige Vermögenswerte oder Veräußerungsgruppen“ erwähnt. Zu diesem Zeitpunkt war gar die Rede von einem „für das zweite Halbjahr 2021 geplanten Verkauf“.

Stellt sich inzwischen, kurz vor dem zweiten Halbjahr 2023, doch die Frage: Was ist da los? Hat es sich die HVB (beziehungsweise die Mailänder Mutter) möglicherweise anders überlegt? Oder ist die Tochter vielleicht gar nicht so hübsch, wie man immer dachte?

Andere betrachten Sachwerte mit neuer Leidenschaft

Für die erste These (die HVB selbst übrigens möchte „den Verkaufsprozess nicht weiter kommentieren“) könne sprechen, dass das Sachwerte-Thema unter deutschen Bankern in den letzten zwei, drei Jahren eine gewisse Renaissance erfahren hat:

  • Besonders aggressiv spielt die Commerzbank das Ganze, siehe letztes Jahr unser großes Stück –> Commerzbank will Commerz Real zur neuen Cash-Cow machen
  • Auf geradezu spektakuläre Art und Weise steigen zurzeit auch die baden-württembergischen Sparkassen in das Thema ein, siehe –> „Projekt Tiber“: Wie die Sparkassen im Ländle den Transnet-BW-Deal bauen sowie kürzlich die Vollzugsmeldung –> Sparkassen im Ländle erhalten Zuschlag für TransnetBW-Anteil
  • Die LBBW wiederum hat ihre Sachwert-Tochter BW-Equity zuletzt auf die LBBW Asset Management verschmolzen und zur Zentraleinheit für Selektion und Vertrieb aller Alternativen Investmentfonds erklärt
  • Die Berliner Quirin-Bank erweiterte ihren hauseigenen Robo Advisor um die Quirion Sachwerte GmbH
  • Und selbst die DWS (also der Asset Manager der Deutschen Bank) forciert ihre Aktivitäten mit „Alternativen Anlagen“, erhob das Geschäftsfeld jüngst dezidiert zum „Wachstumsmarkt“ (ein Grund, warum gerade DeuBa und Coba das Thema so hoch hängen: Mit Fondstöchtern lassen sich aufgrund der geringen Kapitalbindung hohe Eigenkapitalrenditen erwirtschaften – zudem lassen sich mit „Alternative Assets“ auch Schlagwörter wie ESG oder Inflationsschutz bedienen)

Hat es sich die Hypo-Vereinsbank vor diesem Hintergrund womöglich anders überlegt? Will sie Wealthcap womöglich jetzt doch behalten? Auszuschließen ist das nicht! Plausibel allerdings ist (zumal Wealthcap bilanziell weiter als „Hold to sell“ geführt wird) die zweite These. Nämlich: Dass die Bank ihre Tochter bislang einfach noch nicht losgeworden ist.

Gewinne sind bei Wealthcap die Ausnahme

Dazu muss man nun wissen, dass Wealthcap mit der HVB eng verwoben ist. Personell (der Aufsichtsrat wird traditionell auch durch HVB-Vorstände besetzt). Vor allem aber auch vertrieblich und damit betriebswirtschaftlich. Denn eigentlich sollen die Investments der Sachwerte-Tochter (also etwa Immobilien, Private Equity oder Infrastruktur) der gehobenen Klientel der Mutterbank offeriert werden.

Dieses Zusammenspiel allerdings, so zeigen Recherchen von Finanz-Szene, klappt in der Praxis offenbar weniger gut, als es die Theorie vermuten ließe. Und weniger gut, als es beispielsweise bei einer Commerz Real der Fall ist, die Jahr für Jahr dreistellige Betriebsgewinne an die Commerzbank abführt – während diese wiederum gewährleistet, dass über ihre Filialen die geschlossenen Fonds der Tochter verkauft werden.

Zahlen über ihre Tochter mit (laut Website) 10,2 Mrd. Euro verwalteten Vermögens und rund 240 Mitarbeitern listet die Hypo-Vereinsbank schon seit Jahren nicht mehr auf. Unsere Recherchen aber zeigen, dass die zentrale operative Einheit, die „WealthCap Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH“, in den vergangenen Jahren so einige Probleme hatte.So krebste die Wealthcap zum Beispiel seit 2014 mit Cost-Income-Ratios zwischen 97% und 386% öfters in Sphären, mit denen sich kaum Gewinne machen lassen. Und in der Tat erzielte die Gesellschaft in dieser Zeit überhaupt nur ein einziges Mal – 2018 – einen Mini-Gewinn von 1 Mio. Euro, den sie abführen konnte.

2020 brachte desaströse Zahlen, 2021 verlief nur wenig besser

Das sollte sich kurz darauf offenbar endlich ändern, denn laut dem 2019er Abschluss nahm sich das Unternehmen für das Jahr 2020 Fulminantes vor: Das Platzierungs-Volumen – seit jeher die härteste Währung im Sachwert-Vertrieb und entscheidend für das operative Geschäft – sollte von 478 Mio. Euro im Jahr 2019 auf 750 Mio. Euro 2020 steigen. Dies sollte die Wealthcap-Gruppe in den – Zitat – „äußerst nachgefragten dynamischen Investmentmärkten“ in die schwarzen Zahlen hieven.

Nun, es kam alles anders. Vor allem ein „umfangreicher Gebäudeschaden mit der Folge einer außerordentlichen Kündigung der Mietverträge durch die Hauptmieter“ in einem Objekt in Stuttgart führte 2020 im Resultat zu einem „Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit“ von minus 27 Mio. Euro. Die Cost-Income-Ratio stieg auf 159%. Und das tatsächliche Platzierungs-Volumen betrug mit 232 Mio. Euro fast 70% weniger als geplant! Zwar war klar: 2020 war das Jahr, in dem die Pandemie begann – da ließen sich eher beratungsintensive Anlageprodukte nicht gerade wie geschnitten Brot verkaufen. Dennoch entschied sich die Unicredit in jenem Jahr, die Wealthcap in die Abteilung „Zur Veräußerung gehalten“ zu verschieben. Sprich auf die Reste-Rampe, ins Schaufenster, je nach Sichtweise.

2021 wurde es kaum besser: 458 Mio. Euro Platzierungs-Volumen nahm sich das Unternehmen vor, also von vornherein schon weniger als 2019, vor Corona. Allein, es wurden nur 243 Mio. Euro, rund 50% unter Plan, und so blieb die Cost-Income-Ratio mit 114% erneut defizitär. Das „Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit“betrug knapp minus 6 Mio. Euro. Der Konzern schoss gut 5 Mio. zusätzliches Eigenkapital ein.

Die Führung blieb optimistisch: So sollte 2022 nicht nur, wie eingangs erwähnt, den Verkaufsvollzug bringen, nein das Unternehmen plante auch mit einem Platzierungs-Volumen von 475 Mio. Euro, also ziemlich genau auf dem Niveau des letzten Vor-Corona-Jahres. Eine Rückkehr in die schwarzen Zahlen versprach sich die Führung damit allerdings nicht: Bei der Cost-Income-Ratio plante sie mit 111%, beim „Ergebnis vor Gewinnabführung“ mit einem Minus von 4,3 Mio. Euro.

Das Marktumfeld gibt wenig Hoffnung auf Besserung

Noch liegt der 2022er Abschluss nicht vor. Und eine entsprechende Nachfrage nach dem Platzierungs-Ergebnis 2022 und dem Jahresgewinn (oder -verlust) ließ die HVB auf Nachfrage offen. Es gebe die „klare unternehmensweite Kommunikationspolitik, keine Einzelergebnisse unserer Tochtergesellschaften kommunizieren“. Wealthcap sei eine 100%ige Tochter der Unicredit Bank AG und das Ergebnis entsprechend darin konsolidiert.

Immerhin, einer Analyse des Platzierungsmarkts 2022 aus dem Februar, verfasst von der Berliner Ratingagentur Scope, lässt sich entnehmen, dass Wealthcap zumindest im Teilsegment der Publiku*msfonds mit am Ende 149 Mio. Euro die eigenen 2022er Ziele von 200 Mio. Euro um mehr als ein Viertel unterschossen hat. „Auch Neugeschäftszahlen wie die Fund-Raising-Ergebnisse, die Scope beispielsweise erhebt und schätzt, werden von Wealthcap nicht gemeldet und veröffentlicht“, heißt es dazu von der HVB.

2023 jedenfalls dürfte mit Blick auf das Marktumfeld der Sachwertanlagen noch schwerer werden. Nach 1,2 Mrd. Euro im vergangenen Jahr werde das Volumengeschlossener alternativer Publiku*msfonds in diesem Jahr unter die Marke von einer Milliarde Euro fallen, schrieb Scope in seiner Analyse. „Maßgeblich für die künftige Entwicklung werden die Folgen des Krieges in Europa, das hohe Zinsniveau, die Inflation und die Energiekrise sein. Gerade bei langfristigen Anlagen in illiquide Vermögenswerte, für deren Entwicklung aktuell hohe Unsicherheiten bestehen, kann sich dies auf das Angebotsvolumen und vor allem auf die Angebotszusammensetzung negativ auswirken“, warnte Scope.

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